
Schirokko – Theaterstück für Jugendliche ab 14 Jahren
Julian ist 18, bald mit der Schule fertig, spielt Saxophon und komponiert. Er könnte ein ganz normaler Jugendlicher sein, wäre da nicht diese „Glocke“, unter der er sich unglücklich und wie gelähmt fühlt. Eines Nachts träumt er, dass er in der Wüste bei einem Schirokko lebendig vom Sand begraben wird. Seine Eltern sind hilflos. Nelly, seine Freundin, geht seinen Problemen aus dem Weg. Einzig Birte, einem Mädchen aus seiner Schule, das Geschichten schreibt, kann er sich anvertrauen. Ihr erzählt er, was ihn am meisten belastet: Dass er einen Bruder namens Patrick hatte, der an einer Lungenentzündung gestorben sein soll. Julian war damals noch ein kleines Kind.
Er versucht, mehr über diesen Bruder zu erfahren, aber seine Eltern begegnen ihm mit undurchdringbarem Schweigen. Birte und Julian beschließen, zusammen Patricks Grab zu suchen. Erfolglos. Bei einer Auseinandersetzung mit Birte wird Julian handgreiflich. Man bringt ihn in die Psychiatrie, wo man ihm nach einem Gespräch mit seiner Mutter mitteilt, dass sein Bruder nicht tot, sondern bei einer Klassenfahrt nach Irland auf See verschollen sei.
Nach seiner Entlassung drei Monate später will Julian die ganze Wahrheit über Patricks Verbleib herausfinden. Auf seiner Suche lernt er, die Sprachlosigkeit zu durchbrechen und seinen eigenen Weg zu gehen, anstatt nur mit den Augen anderer zu träumen …
Verlag Felix Bloch Erben
Berlin, 2008
Uraufführung am Theater Schloss Maßbach am 13. April 2018
PRESSESTIMMEN
“Die Umrisse einer Figur werden wie bei einem Tatort mit weißer Kreide nachgezeichnet. Als die Figur ihren Platz verlässt, bleibt eine Leerstelle. Um diese Leerstelle wird es gehen an diesem Abend. Um Sprachlosigkeit, um die Last, die das Schweigen auslöst (…). Schirokko, der heiße Wüstenwind, gab dem Stück seinen Namen. Julian, ein Jugendlicher kurz vor dem Abitur, leidet an Angstzuständen. Er träumt, dass er in der Wüste bei einem Schirokko lebendig vom Sand begraben wird. Sein Leben gerät aus der Balance (…). Er kann seine Aggression und Angstzustände nicht erklären, doch das Geheimnis um seinen Bruder bringt ihn auf den Weg aus dem Dunkel. (…) Ein genialer Wurf der Regisseurin Daniela Scheuren ist die (stumme) Rolle des Bruders Patrice. Zu Beginn der Schatten von Julian entwickelt er im Lauf des Stücks immer mehr eine eigene Persönlichkeit. Mit tänzerischer Beweglichkeit ist Patrick Paolucci Double und Traumbild zugleich. (…) Ein Stück nicht nur für Jugendliche. Ein Stück, das man gesehen haben muss.“
Erna Rauscher, Main Post, 15.04.2018
„Immer mehr kriecht der Junge in sich hinein, immer mehr geraten die Aggressionen untereinander aus der Bahn, die die Hilf- und Sprachlosigkeit verbergen sollen. Und immer erdrückender wird die Situation, weil die drei ihre Emotionen und Befindlichkeiten nicht nur ausspielen, sondern auch mit Kreide an die schwarzen Wände malen, die immer voller werden und dadurch den Eindruck erwecken, immer enger zusammenzurücken, verstärkt durch die ständige Präsenz des tanzenden schwarzen Geistes, der Julian immer stärker steuert. Auch der Zuschauer gerät in dieser Intensität unter Druck, denn er muss seine Augen und Ohren überall haben, um nichts zu verpassen. Es ist ein außerordentlich intensives Stück über Depressionen und die enormen Schwierigkeiten, mit ihnen umzugehen – aber in einer Sprache und Umsetzung, in der sich Jugendliche erkennen können, wenn sie sich darauf einlassen.“
Thomas Ahnert, www.infranken.de, 24.04.2018

Der Nachlass
Der erfolgreiche Schriftsteller Roland Lapke hat mit der Biographie über seine heldenhafte Mutter, die während des Krieges einen Juden vor den Nazis versteckt hatte, den Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Seine jüdische Frau und sein Sohn Sven freuen sich mit ihm, doch an Sven, dem Germanistikstudenten, fällt den Eltern neuerdings eine merkwürdige Arbeitswut auf. Er verschwindet tage- und nächtelang mit Aktenordnern in seinem Zimmer. Am Vorabend eines wichtigen Termins mit einem israelischen Kamerateam, das Roland Lapke auch dem israelischen Publikum vorstellen will, gesteht der verwirrte Sohn seiner Mutter einen schrecklichen Verdacht: Der seltene Name der Großmutter, über die der Vater nur Gutes zu berichten wusste, ist ihm im Laufe seiner historischen Nachforschungen über Widerstandsliteratur als Verräterin an einer Jüdin begegnet, die schließlich wegen eines gestohlenen Butterbrotes ins KZ kam und dort totgeschlagen wurde. Darüber hinaus sei sie die Geliebte eines Nazis gewesen. Der Vater reagiert auf die Nachfragen seines Sohnes unangemessen aggressiv und beschuldigt ihn des Verrats. Gerade diese scharfe Reaktion lässt den Sohn aufhorchen: Er verifiziert seine Vermutung im Gespräch mit einer Zeitzeugin. Als er zurückkommt, gibt der Vater seinen Widerstand auf und gesteht Frau und Sohn, dass er sich seine Geschichte ausgedacht hat, dass sie ihm fast zur Wahrheit geworden war. Die Fiktion war seine Strategie, mit dem bedrückenden Schweigen seiner Mutter umzugehen, das seine Kindheit begleitet hatte. Am nächsten Tag steht der Skandal bereits in der Zeitung, vom Vater selbst verfasst. Frau und Sohn sind bereit ihm zu verzeihen, doch vor sich selbst hat Roland Lapke versagt. Verlag Felix Bloch Erben Berlin, 2002

Mütter-Los entstand auf Englisch und wurde 1998 unter dem Titel When the Wall Came Down von der Storytellers‘ Theatre Company in Dublin uraufgeführt, in den Hauptrollen Ruth McCabe und Johnny Murphy.
Das Stück ging anschließend auf Tournee durch Irland und Nordirland. 1999 wurde diese Produktion am English Theatre ‚Friends of Italian Opera‘ in Berlin gezeigt. Die deutschsprachige Erstaufführung fand 2003 am Staatstheater Nürnberg statt.
Mütter-Los
(When the Wall Came Down)
Deutschland 1990 – nach dem Mauerfall, aber noch vor der Wiedervereinigung. Roswitha Berger ist auf dem Weg von West-Deutschland in die zusammenbrechende DDR, ihre alte Heimat. Es ist eine Fahrt in die Vergangenheit, von Unsicherheit und Ungewissheit überschattet. Anfang der 70er Jahre war ihre Flucht gemeinsam mit Mann und Baby gescheitert, sie kam ins Gefängnis, wo man ihr das Kind gewaltsam wegnahm. Nach einiger Zeit wurde sie in den Westen abgeschoben, ohne zu wissen, was mit ihrer Tochter geschehen war.
Als mit der Mauer auch die Tore zu den Staatssicherheits-Akten fielen, bekam Roswitha Berger Akten in die Hand, die das Schicksal ihrer Tochter offenlegen und von einer Zwangsadoption durch politisch zuverlässigere Eltern zeugen. Ohne sich klar zu machen, was sie am Ende ihrer Reise finden wird, setzt sich Roswitha Berger in den Zug nach Osten.
Marion Steinmann ist eine 18 Jahre junge, musikalisch hochtalentierte Frau, deren größter Wunsch es ist, ihre Begabung zum Beruf zu machen. Die sich abzeichnende Wiedervereinigung, die ihre Adoptiveltern mit Misstrauen und Argwohn betrachten, sieht sie als große Chance, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Musikstudium ohne vorgeführtes politisches Wohlverhalten, eine internationale Karriere – vielfältig sind die Möglichkeiten, die sich ihr bieten. Eines Tages erhält sie die Nachricht einer Fremden, sie möge sie doch bitte in einem Hotel aufsuchen.
Neugierig wie sie ist, geht Marion, gegen den Willen des Vaters, zu dem Treffen. Dort trifft sie auf Roswitha Berger, und deren Eröffnungen lassen die wohlgeordneten Verhältnisse Marions wie ein Kartenhaus einstürzen. Der Ost-West-Konflikt wird zur zerstörerischen Privatangelegenheit.
Verlag Felix Bloch Erben
Berlin, 2001
PRESSESTIMMEN
„It is an accomplished and taut drama written in oblique dialogue, whose participants appear not to want to hear what the others are saying. It is about breaking down borders at several levels – political, economical, intellectual and familial.“
The Irish Times, 24.01.1998
„As the old regime falls, it seems that the Wall’s greatest powers has been to cordon off some painful family secrets. With its disappearance, unpleasant truths may come pouring over the border (…) Operating at full emotional throttle throughout, Ruth McCabe, as returning political refugee Roswitha, maintains a powerful integrity that the infamous wall could not.“
The Times, 31.01.1998
„Ein wuchtiges, hochemotionales Thema, das die in Irland lebende (West-) Deutsche Renate Ahrens-Kramer in ihrem Einakter WHEN THE WALL CAME DOWN verarbeitet hat. Durch die fremd-vertraute englische Sprache erhält es einen ganz eigenen Blickwinkel. Bairbre Ní Chaoimh hat das vielschichtige Drama grandios umgesetzt.“
Berliner Morgenpost, 26.06.1999
„WHEN THE WALL CAME DOWN ist ein politisches Stück, gerade weil es von denjenigen handelt, die in der Politik am wenigsten zu sagen haben und am meisten unter ihren Folgen leiden (…) Gut und Böse gibt es am Ende nicht; selbst Herr Steinmann, der Frau und Tochter so offensichtlich beschützen wollte, wird nicht als Schurke denunziert (…) In diesem Moment dämmert eine Erkenntnis, die in der deutsch-deutschen Sprachlosigkeit schon fast untergegangen war: dass im Geschichtenerzählen die Chance zu einer Katharsis liegt, die kein Politiker der Welt herbeireden kann.“
Der Tagesspiegel, 30.06.1999
„Am 22. Februar zeigte das Theater Nürnberg die deutschsprachige Erstaufführung von Renate Ahrens´ Stück MÜTTER-LOS. Das Werk setzt sich mit dem Schicksal einer Frau auseinander, deren Tochter ihr als Republikflüchtige von der DDR-Regierung kurz nach der Geburt weggenommen wurde und die sich nun auf die Reise zu ihr in den Osten begibt. Die gerade 18 Jahre alt gewordene Tochter gerät dadurch in eine Situation, in der ihre vermeintlich heile Welt ins Wanken gerät: Ein großes Plädoyer für die Dialektik der wahren und wahrhaftigen Mutterliebe ist dieses Stück, das in seiner Nürnberger Version vor allem von der Kraft und Eindringlichkeit lebt, mit der Anna-Maria Kuricová die Zerrissenheit eines Mädchens spielt, das seine Kindheit und Jugend plötzlich auf den Kopf gestellt sieht…“
Fränkischer Tag, 24.02.2003